Tannhäuser

Und der Sängerkrieg auf Wartburg
ROMANTISCHE OPER IN DREI AUFZÜGEN (1845/1861)

Musik und Text von Richard Wagner

Nach sieben Jahren, in denen er sich den sinnlichen Genüssen im Reich der Liebesgöttin Venus hingab, drängt es den Minnesänger Tannhäuser zurück in das gesellschaftliche Leben, vor allem zu seiner irdischen Geliebten Elisabeth. Doch sein Anspruch, Kunst und Leben sowie erotische Lust und religiöse Liebe miteinander zu verbinden, scheitert an den starren Konventionen der bigotten Gesellschaft auf der Wartburg sowie an seiner eigenen Radikalität.

Für das Libretto der 1845 in Dresden uraufgeführten romantischen Oper zog Richard Wagner literarische Fassungen mittelalterlicher Sagen von Ludwig Tieck, E. T. A. Hoffmann und Ludwig Bechstein heran. Dabei fusionierte er zwei Stoffkomplexe miteinander: den Sängerkrieg auf der Wartburg um Heinrich von Ofterdingen zu Beginn des 13. Jahrhunderts sowie die Sage des Minnesängers und Spruchdichters Tannhäuser, der beim Papst vergeblich Vergebung für seine Sünden im Venusberg gesucht haben soll. Der religiös-philosophische Dualismus von purer Sinneslust und frommer Verklärung der Liebe schlägt sich in Wagners Partitur in zwei ebenso gegensätzlichen Klangwelten nieder: Sinnlich-verführerische Klänge für Venus’ Reich und weihevolle Pilgerchöre im Diesseits. Beim zentralen Sängerfest treffen beide Welten unversöhnlich aufeinander: Während die übrigen Minnesänger keusch das Wesen der Liebe besingen, kommt es zum Eklat, als Tannhäuser seinen Aufenthalt im Venusberg öffentlich preisgibt. Unfähig, eine dauerhafte Synthese aus beiden Welten zu finden, stirbt Tannhäuser, vom Papst verstoßen, doch durch Elisabeths Liebe erlöst.

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ERSTER AUFZUG
Tannhäuser, ein Minnesänger aus dem Umkreis des Landgrafen Hermann von Thüringen, hält sich seit geraumer Zeit im Venusberg auf und ist der Geliebte der Liebes­göttin. Mitten in einem Bacchanal erinnert sich der Sänger seines früheren Lebens unter den Menschen. Er beschließt, Venus und ihr sinnliches Reich zu verlassen um wieder auf die Erde zurückzukehren. Venus versucht ihn zurück zu halten. Erst als er die Jungfrau Maria anruft, lässt ihn der Venusberg los.
Tannhäuser findet sich in einem Tal unweit der Wartburg wieder. Ein junger Hirt besingt den erwachenden Frühling. Ein Chor nach Rom wandelnder Pilger zieht singend vorüber, Tannhäuser stimmt in ihren Gesang ein. So finden ihn der von einer Jagd heimkehrende Landgraf Hermann und die ihn begleitenden Sänger Wolfram von Eschenbach, Walther von der Vogelweide, Biterolf, Heinrich der Schreiber und Reimar von Zweter. Wolfram erkennt den lange vermissten Freund. Der Frage, wo er sich so lange aufgehalten hat, weicht Tannhäuser aus: er wolle weiterziehen. Erst als Wolfram Elisabeth, die Nichte des Landgrafen, erwähnt und die Wirkung, die Tannhäusers Gesang auf sie hat, besinnt dieser sich und kehrt gemeinsam mit den anderen auf die Wartburg zurück. Er will Elisabeth wiedersehen.

ZWEITER AUFZUG
Elisabeth betritt zum ersten Mal seit Tannhäusers Verschwinden die Halle der Sänger auf der Wartburg. Als Tannhäuser gemeinsam mit Wolfram ebenfalls in die Halle kommen, kann sie ihre Gefühle für den Wiedergekehrten kaum verbergen. Auch Tannhäuser gesteht ihr, dass er ihretwegen zurückgekehrt ist. Tannhäuser verlässt freudig den Saal, während kurz darauf der Landgraf einritt und Elisabeth einen Sängerwettstreit ankündigt, an der auch Tannhäuser teilnehmen wird. Die eintreffenden höfischen Gäste werden von ihm begrüßt. Als Thema stellt er der den Sängern die Aufgabe »der Liebe Wesen zu ergründen«. Vier Pagen verkünden die Reihenfolge der Wettbewerbslieder. Wolfram, Walther und Biterolf preisen die reine, höfische und ideale Liebe. Der sie immer unterbrechende Tannhäuser besingt immer deutlicher den sinnlichen Genuss als das wahre Wesen der Liebe. Schließlich lässt er sich so weit hinreißen, Venus selbst anzu­rufen. Die Gesellschaft und die anwesenden Sänger sind entsetzt und wollen Tannhäuser mit Gewalt zum Schweigen bringen. Da greift Elisabeth, obwohl selber zutiefst von dem Gehörten getroffen, ein und stellt sich zwischen ihn und die Angreifer. Der Landgraf spricht sein Urteil: Tannhäuser wird aus der Gesellschaft verstoßen, er soll sich den Rompilgern anschließen und den Papst um Vergebung seiner Sünden bitten.

DRITTER AUFZUG
Elisabeth wartet im Wartburgtal auf Tannhäusers Rückkehr. Pilger kommen aus Rom zurück, doch Tannhäuser ist nicht unter ihnen. Elisabeth bietet der Jungfrau Maria ihr Leben als Sühne für seine Schuld an. Dann kehrt sie auf die Wartburg zurück. Wolfram, der sie beobachtet hat, stimmt ein Lied an den Abendstern an, in dem er Elisabeths nahenden Tod vorausahnt. Der verzweifelte Tannhäuser erscheint und berichtet Wolfram von seiner Pilgerreise nach Rom und dass der Papst ihm die erhoffte Gnade verweigert habe. Nur wenn der päpstliche Priesterstab binnen dreier Tage frisches Grün hervorbrächte, seien Tannhäusers Sünden vergeben. Diesem bleibt nun nur noch die erneute Zuflucht zum Venusberg. In diesem Augenblick erscheint Venus leibhaftig und will Tannhäuser zu sich zurücklocken. Doch mit der Macht des Namens Elisabeth bannt Wolfram den Zauber der Göttin. Eine Prozession nähert sich von der Warburg mit der toten Elisabeth. Ihr Opfertod hat Tannhäuser erlöst. Junge Pilger kehren aus Rom zurück und künden von der Gnade, die Tannhäuser zuteil geworden sei: Der Priesterstab des Papstes ist mit frischem Grün ausgeschlagen. Tannhäuser stirbt.

»Barenboim, Barenboim, Barenboim. Sein »Tannhäuser« hat Weltklasse. Unüberhörbar geprobt, spielt die Staatskapelle Feines und Filigranes, übergießt die Partitur mit Wärme und Sinnenrausch, meidet geschickt Oberflächenglanz und kalte Präzision, atmet mit den Sängern und ihren Verzweifelungen. Das ist kein Wagner aus dem Lehrbuch, sondern aus Daniel Barenboims aufbrausend leidenschaftlicher Brust, aus der heraus er die Partitur oft eigenwillig, aber immer nachvollziehbar auslegt, weil das Enfant terrible Tannhäuser sein Wesensverwandter ist.«
(Süddeutsche Zeitung, 14. April 2014)

»Wahrlich, ein Fest! Wo soll man beginnen, wo enden mit dem Schwärmen für diesen »Tannhäuser«? Er klingt, wie man ihn nur träumen, aber selten einmal hören kann.«
(Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14. April 2014)

»Wer könnte leugnen, dass es am Ende ein Triumph war. Ein ungebremstes Sichfeiern, mit einer strahlenden Sasha Waltz, die vor Daniel Barenboim auf offener Bühne niederkniet.«
(Der Tagesspiegel, 14. April 2014)

»Die Staatskapelle unter Daniel Barenboim zeigt sich in Hochform, lässt zarten Büßerschmelz ebenso hören wie Sinneslust. Überhaupt fällt auf, wie entschieden Barenboim den »Tannhäuser« als lyrische Oper begreift und damit auch den Sängern wunderbar zuarbeitet: Peter Seiffert als Tannhäuser ist so nur selten zum Forcieren gezwungen, das Venus-Lob zu Beginn singt er mit berückender Eleganz. Ganz Liedersänger ist auch Peter Matteis geschmeidiger Wolfram von Eschenbach. Landgraf Hermann wird zugleich wuchtig und nobel von René Pape gesungen. Marina Prudenskayas Venus nimmt mit erotischer Schärfe für sich ein. Ann Petersens Elisabeth ist hingegen weniger keusch als wuchtig.«
(Berliner Zeitung, 14. April 2014)

»Die Bühnenräume sind großzügig und abstrakt. Im dritten Akt, der von der Trauer Elisabeths, die sich von Tannhäuser verraten fühlt und ihm dennoch verzeihen will, erzählt und vom Mitleiden Wolframs, der ein Freund der beiden ist und tief getroffen von ihrer Verzweiflung, schafft diese eine große Konzentration. Es sind nur Nebel und sparsames Licht um diese beiden. Diese Bilder lassen der Musik einen Raum, der sie weit über den konkreten Augenblick hinaus ausgreifen lässt.«
(taz, 14. April 2014)

»A tremendous Tannhäuser led the way in Daniel Barenboim’s whirlwind Staatsoper festival in Berlin.«
(The Observer, 19. April 2014)

»The annual Festival at Daniel Barenboim’s Berlin State Opera always provides surprises, none more so than in this year’s staging of Tannhauser. An exhilarating evening.«
(The Sunday Express, 20. April 2014)